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Behindertengerechtes WC: Darauf kommt es an

Infos zu Behindertengerechtes WC
Ein behindertengerechtes WC sollte vor allem die individuellen Bedürfnisse des Betroffenen berücksichtigen.

Es gibt viele Situationen, in denen es nicht angenehm ist, auf fremde Hilfe angewiesen zu sein. Mit besonders großer Scham ist aber der Toilettengang verbunden. Ein behindertengerechtes WC kann deshalb für alle Beteiligten ein riesiger Pluspunkt sein. Denn der Betroffene erhält ein Stück seiner Selbstbestimmtheit zurück und kann seine Intimsphäre wahren. Und für die Pflegeperson wird der Pflegealltag leichter. Nur: Was macht ein behindertengerechtes WC aus? Welche Anforderungen muss eine barrierefreie Toilette erfüllen? Solche und weitere Fragen beantworten wir in diesem Ratgeber!

Ein fortgeschrittenes Alter, eine Erkrankung oder ein Handicap muss nicht zwangsläufig bedeuten, dass der Betroffene sein vertrautes Umfeld aufgeben muss. Sind die Versorgung und die Pflege sichergestellt, kann die Wohnung nämlich oft schon durch kleinere Maßnahmen barriereärmer werden.

So lässt sich mitunter bereits viel bewirken, wenn die Möbel umgestellt und unnötige Dinge, die sowieso nur im Weg herumstehen, ausgemistet werden. Rutschfeste Bodenbeläge, eine gute Beleuchtung, Übergänge ohne Stolperkanten und ein paar Haltegriffe sorgen für Sicherheit.

Im Badezimmer spielt vor allem die Toilette eine große Rolle. Kann der Betroffene (wieder) eigenständig auf die Toilette gehen, bekommt er Lebensqualität zurück. Bleibt aber die Frage, wie eine Toilette so gestaltet werden kann, dass sie alle Bewohner unabhängig vom Alter, der Körpergröße und dem Gesundheitszustand nutzen können.

Wir haben die wichtigsten Infos rund um ein behindertengerechtes WC zusammengestellt!

Welche Vorgaben gelten für ein behindertengerechtes WC?

Der Gesetzgeber definiert, was Barrierefreiheit bedeutet. Nach § 4 BGG (Behindertengleichstellungsgesetz) ist eine bauliche Anlage dann barrierefrei, wenn sie für alle Menschen zugänglich und nutzbar ist. Ob ein Handicap vorliegt oder nicht, darf für den Zugang und die Nutzbarkeit also keine Rolle spielen.

Wie ein Gebäude oder eine Wohnung ausgestaltet sein muss, um die Barrierefreiheit zu erreichen, gibt der Gesetzgeber aber nicht vor. Diese Aufgabe übernimmt stattdessen eine DIN-Norm. Konkret handelt es sich dabei um die Norm DIN 18040. Sie gliedert sich in mehrere Abschnitte.

Die Vorgaben für ein alters- und behindertengerechtes WC finden sich in im Abschnitt DIN 14040-2. Allerdings unterscheidet die Norm zwischen einer barrierefreien und einer rollstuhlgerechten Toilette.

Barrierefrei bedeutet in diesem Zusammenhang, dass Bewohner mit körperlichen Einschränkungen das WC eigenständig nutzen können. Dabei können die körperlichen Einschränkungen sehr unterschiedlich ausfallen. Gleichgewichtsstörungen oder eine eingeschränkte Beweglichkeit zählen zum Beispiel genauso dazu wie eine Sehbehinderung.

Der Begriff rollstuhlgerecht geht noch einen Schritt weiter. Eine rollstuhlgerechte Toilette berücksichtigt nicht nur körperliche Einschränkungen, sondern auch die speziellen Bedürfnisse eines Rollstuhlfahrers. Aus diesem Grund ist ein rollstuhlgerechtes WC in aller Regel gleichzeitig barrierefrei. Im Unterschied dazu muss ein barrierefreies WC nicht automatisch rollstuhlgerecht sein.

Nachvollziehbarer wird das Ganze in einem direkten Vergleich der unterschiedlichen Vorgaben. Dazu haben wir eine Tabelle für euch erstellt.

Die Anforderungen an ein barrierefreies und ein rollstuhlgerechtes WC

barrierefreies WC rollstuhlgerechtes WC
Bewegungsfläche vor der Toilette 120 x 120 cm 150 x 150 cm
Abstände um das WC herum Der Abstand zur Wand und zu anderen Sanitärobjekten muss mindestens 20 cm betragen. Neben dem WC muss es auf einer Seite eine Bewegungsfläche geben, die mindestens 90 cm breit und 70 cm tief ist. Auf der anderen Seite genügt eine Freifläche mit 30 cm Breite.
Sitzhöhe

46 bis 48 cm

Klappbare Haltegriffe Es muss die Möglichkeit bestehen, bei Bedarf klappbare Stützgriffe anzubringen. Das setzt zugleich eine entsprechende Tragfähigkeit der Wand voraus. Auf beiden Seiten müssen Stützklappgriffe montiert sein. Sie müssen mit wenig Kraft zu bedienen sein und am Griffende mit mindestens 1 kN (das sind etwa 102 kg) belastet werden können.

Die Länge der Griffe muss der Tiefe des WCs plus 15 cm entsprechen. Montiert werden sie 28 cm über der Sitzfläche.

WC-Rückenstütze Die Toilette muss mit einer leicht zu bedienenden Rückenstütze ausgestattet sein. Die Rückenstütze muss so angebracht sein, dass der Abstand bis zur Vorderkante des WC-Beckens nicht mehr als 55 cm beträgt. Ein WC-Deckel ist nicht geeignet.
Spülung Die Spülung muss mit der Hand oder dem Arm bedienbar und erreichbar sein, ohne dass der Benutzer dafür seine Sitzposition verändern muss.

Was sind die wichtigsten Aspekte für ein behindertengerechtes WC?

Im heimischen Badezimmer wird es oft nicht möglich sein, alle Richtlinien der DIN-Norm für ein barrierefreies Bad zu berücksichtigen. So wird zum Beispiel ein kleines Bad meist nicht genug Platz für großzügige Bewegungsflächen bieten. Aber das ist nicht schlimm.

Denn in vielen Fällen macht es sowieso mehr Sinn, ein alters- oder behindertengerechtes WC auf die Bedürfnisse des Betroffenen abzustimmen.

Die Norm kann dabei nützliche Hilfestellung bieten und ihr könnt euch daran orientieren. Am Ende kommt es aber vor allem auf folgende Dinge an:

Ausreichend Platz rund ums WC

Um die Toilette herum sollte es so viel Freiraum wie möglich geben. Wenn ringsherum genug Platz ist und nichts im Weg steht, wird es nämlich wesentlich leichter, sich hinzusetzen und wieder aufzustehen.

Hinzu kommt, dass mit dem Rollstuhl verschiedene Arten des Heranfahrens möglich sind. Eine große Freifläche links neben dem WC nutzt einem Rollstuhlfahrer aber wenig, wenn er nur von der rechten Seite aus übersetzen kann. Besser ist deshalb, wenn ihr berücksichtigt, auf welche Technik der Betroffene zurückgreift. Diese Technik könnt ihr dann als Grundlage für den erforderlichen Bad-Umbau nehmen.

Stabile Haltegriffe

Wie die Badewanne und die Dusche braucht auch ein behindertengerechtes WC Haltegriffe. Die DIN-Norm schreibt dabei für Rollstuhlfahrer beidseitig klappbare Stützgriffe vor. Viele Betroffene mit eingeschränkter Mobilität kommen aber auch sehr gut mit einem Stützgriff zurecht, der in L-Form abgewinkelt ist.

Für die Montage gilt: Der Abstand zwischen der Oberkante der Stützgriffe und der Sitzhöhe beträgt 28 cm. Nach vorne hin sollten die Griffe um 15 cm länger sein als die Vorderkante des Toilettenbeckens. Ist ein Halter für Klopapier vorne in einen Griff integriert, ist das besonders praktisch.

Grafik zu behindertengerechtes WC
Die DIN-Norm empfiehlt für ein behindertengerechtes WC konkrete Maße für die Höhen und Abstände.

Geeignete Sitzhöhe

Zur idealen Höhe der Sitzfläche gibt es unterschiedliche Meinungen. Als Standard gelten 42 cm. Für jemanden, der gehbehindert ist oder im Rollstuhl sitzt, wird die Nutzung der Toilette aber leichter und komfortabler, wenn der WC-Sitz auf einer Höhe zwischen 46 und 48 cm angebracht ist.

Andererseits sind Menschen verschieden groß und auch Rollstühle haben unterschiedliche Sitzhöhen. Deshalb kann die erhöhte Montage manchmal noch zu niedrig sein, während sie andersherum bei einer kleinen Person bereits unangenehm hoch sein kann.

Am besten ist deshalb, wenn alle Bewohner einmal Probe sitzen. Auf diese Weise lässt sich ein passender Mittelwert finden. Noch praktischer ist natürlich eine höhenverstellbare Toilette.

Gut erreichbare Spülung

Generell sollte die Spülung einfach zu bedienen und gut zu erreichen sein, ohne dass die Sitzposition großartig verändert werden muss. Bei einem behindertengerechten WC sollte die Spülung außerdem von beiden Seiten aus betätigt werden können.

Vergleichbar mit der berührungslosen Armatur am Waschbecken, entsteht ein Plus an Komfort, wenn am WC eine berührungslose Spülung verwendet wird. In einem kleinen Bad kann auch eine Spülung, die per Fernbedienung funktioniert, eine gute Lösung sein.

Worauf sollte bei der Auswahl des WC-Beckens geachtet werden?

Im Laufe des Lebens können die Feinmotorik und die Koordination nachlassen. Dann passiert es schnell mal, dass jemand hängen bleibt oder irgendwo aneckt. Bei der Auswahl eines neuen WC-Beckens ist deshalb ratsam, auf runde Formen zu achten. Je weniger Ecken und Kanten ein Modell hat, desto kleiner ist die Gefahr, sich zu verletzen.

Sinnvoll ist außerdem ein Hänge-WC. Und dafür gibt es zwei Gründe. Der erste Grund ist, dass ein hängendes WC recht einfach auf einer geeigneten Höhe montiert werden kann. Bei einem Stand-WC hingegen gibt es bei der Höhe nur wenig Spielraum.

Der zweite Grund ist, dass der Fußboden unter dem WC-Becken wegen des fehlenden Bodenkontaktes besser sauber gehalten werden kann. Im Alltag können gerade solche Kleinigkeiten vieles leichter machen.

Davon abgesehen spricht nichts dagegen, wenn ihr euch bei den Standard-Modellen umschaut. Für Rollstuhlfahrer sieht die DIN-Norm zwar ein 70 cm tiefes WC-Becken vor. Doch auch älteren und kranken Personen genügt oft die normale Tiefe von 55 cm völlig. Und selbst Rolli-Fahrer kommen mit Standard-WC-Becken häufig gut zurecht.

Ähnlich wie bei der Höhe ist es auch bei der Auswahl eines Modells deshalb am besten, wenn ihr euch einfach probeweise auf verschiedene Becken setzt.

Welche Extras für ein behindertengerechtes WC sind auf dem Markt?

Mittlerweile gibt es verschiedene Zusatzfunktionen, die ein behindertengerechtes WC sehr komfortabel machen. In der Anschaffung sind die Spezial-Toiletten zwar ein ganzes Stück teurer als normale Standard-Modelle. Aber dafür bringen sie zusätzlichen Komfort ins Badezimmer, der allen Bewohnern zugute kommt.

In der Höhe verstellbares WC-Becken

Wird die Toilette von mehreren Bewohner benutzt, ist ein höhenverstellbares WC eine optimale Lösung. Je nach Hersteller kann die Schüssel stufenlos um 7 bis 10 cm nach oben und unten gefahren werden. So wird die normale Toilette im Familienbad per Knopfdruck zum behindertengerechten WC – und umgekehrt.

Toilette mit integriertem Duscharm für die Intimreinigung

Ein sogenanntes Dusch-WC vereint die Toilette mit einem Bidet. Auf Knopfdruck fährt ein kleiner Duscharm aus, der den Intimbereich mit warmem Wasser säubert.

Selbst wenn der Betroffene in seiner Beweglichkeit eingeschränkt ist, kann er seine Intimhygiene dadurch selbst erledigen. Doch auch eine pflegebedürftige Person empfindet diese Form der Reinigung oft als angenehmer. Denn durch den Duscharm wird der sensible Körperbereich schonend und gründlich gereinigt, ohne dass Schamgefühle aufkommen.

Wichtig bei einem Dusch-WC ist aber, dass es mit einem Gebläse ausgestattet ist. Dadurch wird der gereinigte Bereich sanft trocken geföhnt. Mit Toilettenpapier oder Handtüchern zu hantieren, ist dann nicht mehr notwendig. Auch eine Vorrichtung, die die Gerüche absaugt, kann praktisch sein.

Damit ein Dusch-WC installiert werden kann, müssen sowohl ein Wasser- als auch ein Stromanschluss vorhanden sein. Ihr müsst aber nicht unbedingt gleich ein Dusch-WC anschaffen. Denn im Fachhandel sind auch Aufsätze erhältlich, durch die ihr ein herkömmliches WC nachrüsten könnt.

Sensorgesteuerte Toilette

Inzwischen gibt es hochmoderne Toiletten, die sowohl dem Betroffenen als auch den pflegenden Angehörigen viele Handgriffe abnehmen. Eine von Sensoren gesteuerte Nahbereichserkennung zum Beispiel sorgt dafür, dass sich ein LED-Licht zur Orientierung einschaltet, der Toilettendeckel aufklappt, die Stützgriffe herunterfahren und die Sitzheizung startet, sobald sich jemand dem WC nähert.

Die Spülung und die Reinigung der Klobrille wiederum kann der Betroffene, je nach Modell, über Bewegungssensoren oder Sprachbefehle steuern. Genauso sind Toiletten auf dem Markt, die sich vor und nach einer Benutzung vollautomatisch reinigen.

Gibt es Fördermittel für ein behindertengerechtes WC?

Eine barrierefreie Ausstattung ist nicht ganz billig. Aber ihr könnt verschiedene Fördermittel in Anspruch nehmen. Die KfW-Bank zum Beispiel fördert den Bau von barrierefreiem Wohnraum und Umbaumaßnahmen, die Barrieren reduzieren. Dabei gibt es die Förderung entweder als Zuschuss oder als sehr günstigen Kredit.

Hat ein Bewohner einen Pflegegrad, beteiligt sich die Pflegekasse mit einem Zuschuss an den Umbaukosten. Eventuell hilft euch auch die Krankenkasse weiter. Außerdem haben viele Bundesländer und Gemeinden eigene Förderprogramme aufgelegt.

Bevor ihr mit dem Umbau beginnt, solltet ihr euch deshalb erkundigen, wo ihr finanzielle Unterstützung bekommen könnt. Wichtig ist aber, dass ihr euch tatsächlich im Vorfeld erkundigt. Denn zum einen können die Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, unterschiedlich sein. Und zum anderen werden Fördermittel in aller Regel nur vor Baubeginn, aber nicht nachträglich bewilligt.